Nachverhandlungen in Beratungsmandaten – ob kurz vor Vertragsunterzeichnung oder nach Projektabschluss – sind mehr als ein Störfaktor. Sie sind Ausdruck eines fehlgeleiteten Selbstverständnisses von Zusammenarbeit. Dieser Beitrag beleuchtet zwei typische Ausprägungen dieser Praxis und ruft zu mehr Verbindlichkeit, Fairness und Haltung auf – auf beiden Seiten des Tisches.
In einem professionellen Umfeld ist Verlässlichkeit keine Option, sondern eine Grundvoraussetzung. Besonders im Beratungsgeschäft, das auf gegenseitigem Vertrauen, Leistung und Verantwortung beruht, darf es keinen Raum für nachträgliche Vertragsdiskussionen geben, wenn bereits Einigkeit herrscht oder Leistungen vollständig erbracht wurden.
Dennoch begegnet man immer wieder zwei konkreten Formen des Nachverhandelns, die klar benannt und kritisch eingeordnet werden müssen:
Beide Varianten untergraben den professionellen Standard. Sie widersprechen dem Prinzip der Ehrbarkeit in der Geschäftswelt, auf dem nachhaltige Zusammenarbeit fußt.
1. Nachverhandeln kurz vor der Unterschrift
Inhaltlich und wirtschaftlich ist man sich einig, die Vertragsdokumente sind vorbereitet – und dann wird, oft ohne sachliche Begründung, nochmals ein Preisnachlass verlangt.
Diese Vorgehensweise ist nicht Ausdruck von Verhandlungsgeschick, sondern von strategischer Verunsicherung oder bewusster Machtausübung. Und sie sendet eine klare Botschaft: Verlässlichkeit ist verhandelbar.
Professionell ist das nicht. Es ist taktisch – und riskant.
Ein solches Verhalten widerspricht den Prinzipien des ehrbaren kaufmännischen Handelns, das auf Integrität, Berechenbarkeit und Respekt beruht.
2. Nachverhandeln nach Projektabschluss
Noch gravierender ist der Versuch, nach erfolgreicher Leistungserbringung Vergütungsbestandteile neu zu verhandeln oder zurückzuhalten. Besonders betroffen sind projektbezogene Erfolgsboni oder die letzte Rate eines Festhonorars.
Die typischen Argumentationen:
Doch eines ist klar: Leistung verpflichtet zur Gegenleistung. Die spätere Bewertung des Mehrwerts ersetzt nicht die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung.
Nachverhandeln nach Abschluss ist kein Ausdruck legitimer Kritik – es ist ein Verstoß gegen das Prinzip der Vertragstreue.
Warum dieses Verhalten inakzeptabel ist
Beide Varianten des Nachverhandelns haben eines gemeinsam: Sie untergraben das Fundament professioneller Zusammenarbeit.
Die Folgen:
Solches Verhalten ist nicht clever – sondern kurzsichtig. Es stellt kurzfristige Preisoptimierung über langfristige Beziehungspflege und beschädigt die eigene Reputation im Markt.
Vertrauen ist kein taktisches Gut – sondern Haltung
Wer Beratung beauftragt, beauftragt nicht nur Fachwissen, sondern auch Verantwortung, Vertraulichkeit und Loyalität. Das verlangt auf der Gegenseite nach Fairness, Verlässlichkeit und Klarheit.
Für Auftraggeber gilt:
Für Berater gilt:
Fazit
Nachverhandeln im beschriebenen Sinne ist kein Kavaliersdelikt. Es ist eine Verletzung der professionellen Standards, die unsere Branche, unsere Arbeit und unsere Beziehungen tragen.
Deshalb braucht es Klarheit – und Haltung.
Denn eines ist sicher: Beratung ist kein Basar. Und Ehrbarkeit ist nicht verhandelbar.
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